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TV-Kritik/Review: Designated Survivor
(08.10.2016)
Thomas "Tom" Kirkman sitzt entspannt in einem Besprechungszimmer, leger gekleidet in einen Hoodie, die Füße auf einen Stuhl gelegt, und verfolgt die jährliche Rede seines Chefs, des US-Präsidenten, zur Lage der Nation auf den an der Wand aufgereihten Fernsehern. Der Grund, warum er als Minister für Wohnungsbau und Stadtentwicklung nicht selbst vor Ort ist: Er wurde ausgewählt, um als
Ein weiterer Grund für Kirkmans entspannte Stimmung neben dem Umstand, dass er die Rede nur am Fernseher verfolgt, ist, dass er am Morgen quasi entlassen wurde. Der Präsident will nämlich sein Kabinett umbilden und Kirkman dafür auf einen Posten bei einer unbedeutenden UNO-Unterorganisation in Kanada versetzen. Tom ist also ein Mann, der praktisch nichts mehr zu verlieren hat. Doch als plötzlich die Live-Übertragungen auf allen Sendern abbrechen und der Secret Service in den Raum stürmt, ist es mit seiner Ruhe vorbei. Ein Aufreißen der Fensterläden bringt die Gewissheit: Der Ernstfall ist Wirklichkeit geworden, das Kapitol steht in Flammen, die dort versammelten Mitglieder von Regierung und Parlament sind höchstwahrscheinlich tot.
Nach diesem effektiv inszenierten Auftakt schaltet die Pilotfolge des neuen ABC-Politdramas erst einmal mehrere Gänge und etwa zwölf Stunden zurück. Der Morgen des gleichen Tages beginnt für Tom wie für jeden normalen Familienvater, der neben einer attraktiven Ehefrau (Natascha McElhone aus
Die Frage ist in Film und Fernsehen nicht neu: Wie verhält sich ein "normaler" Mensch, der von einem Moment auf den anderen eine fast unmenschliche Verantwortung auf seine Schultern geladen bekommt? Wächst er über sich hinaus oder bricht er unter der Last zusammen? Hier scheint die Antwort vorgegeben, immerhin spielt Kiefer Sutherland diesen Mann und der ist für die meisten Serienfans wohl immer noch in erster Linie als unbesiegbarer CTU-Agent Jack Bauer aus
Wie Serienschöpfer David Guggenheim, Regisseur Paul McGuigan (
Hoch anzurechnen ist den Autoren, dass sie nicht vor kontroversen Themen zurückschrecken: Bereits in der zweiten Folge geraten die in den USA lebenden Muslime ins Visier aufgebrachter Wutbürger und eines populistischen Gouverneurs. Parallelen zum aktuellen Präsidentschaftswahlkampf drängen sich auf. Auch ein US-Präsident Trump würde im Falle eines Terroranschlags wohl am liebsten alle Muslime auf amerikanischem Boden internieren lassen. Wenn Kirkmans neuer Redenschreiber Seth (Kal Penn) auf der Straße wegen seines indisch-arabischen Aussehens von der Polizei angehalten wird, hinterlässt das beim Zusehen einen starken emotionalen Eindruck. Penn ist übrigens nicht nur ein aus Serien wie
Kiefer Sutherland erweist sich mit meist zurückhaltendem Spiel und hohem Sympathiefaktor als Idealbesetzung des unscheinbaren Politikers, der aus dem Schatten heraustreten und in einer nationalen Krise den Laden zusammenhalten muss. Auch an der übrigen Besetzung gibt es bislang wenig auszusetzen. Lediglich Maggie Q bleibt in den ersten beiden Folgen noch blass als FBI-Agentin (nach
Mit "Designated Survivor" hat ABC einen der gelungensten Neustarts der Saison am Start, der viele Qualitäten besserer Networkserien der 90er und Nullerjahre in sich vereint: Spannung, Tempo, Dramatik und einen gewissen Anspruch. Ob es den Serienmachern gelingen wird, das hohe Niveau der beiden Auftaktfolgen über die gesamte Staffellänge (oder gar mehrere Jahre) zu halten, wird spannend zu verfolgen sein.
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten beiden Episoden von "Designated Survivor".
Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: ABC
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