Originalpremiere: 1983
13.04.1984
FSK 16
Als die junge, hübsche Eliane mit ihren Eltern mitten im Sommer in ein kleines französisches Dorf zieht, ahnt niemand, was sich hinter ihrer naiven Fassade verbirgt. Der französische Regiestar Jean Becker inszenierte Isabelle Adjani in diesem anfangs sommerlich-leichten, später abgründigen und fesselnden Thriller als ebenso tragische wie betörende junge Femme fatale und Rachegöttin. In einem kleinen französischen Dorf taucht eines Tages Eliane, eine junge Frau, auf. Gemeinsam mit ihrer Mutter, einer Deutschen, und ihrem gelähmten Vater, den man kaum zu Gesicht bekommt, versucht sie, in der Dorfgemeinschaft Fuß zu fassen. Dabei ist sie allerdings alles andere als diplomatisch und zurückhaltend. Ihre erotische Ausstrahlung betont sie eher noch. Zwar zur Freude der meisten Männer, doch nicht bei jedem im Dorf weckt das Sympathien. Der gleichaltrige Florimond, genannt "Pin-Pon", ein Automechaniker und bei der Freiwilligen Feuerwehr engagiert, ist sofort von Eliane fasziniert. Sie wirkt sehr selbstbewusst, fast arrogant, doch sie hat auch eine ganz andere, verletzliche Seite. Nach einem holprigen Beginn kommen sich die beiden tatsächlich näher. Doch als Eliane bei einem Treffen in der Scheune ein altes Klavier entdeckt, ist sie wie verwandelt. Sie stellt weitere Nachforschungen nach der Herkunft des Instruments an - fast scheint es, sie sei in einer regelrechten Mission unterwegs und verfolge bedingungslos ein Ziel. Schließlich kommt sie auf eine konkrete Spur, die mit einem lang zurückliegenden, tragischen Ereignis, einem Verbrechen, zu tun hat. Die auf den ersten Blick naiv wirkende Eliane entpuppt sich als entschlossene Rächerin. Doch ihre Aktionen haben für sie, Pin-Pon und einige anderen fatale Konsequenzen. Die französische Schauspielerin Isabelle Adjani feierte 1983 mit "Ein mörderischer Sommer" ihren größten internationalen Erfolg, fast zeitgleich mit ihrem Auftritt in Claude Millers "Das Auge". Doch schon vor ihrem Auftritt unter der Regie von Jean Becker als tragische Heldin, die ihre erotische Ausstrahlung für einen Rachefeldzug einsetzt, war ihr international der Durchbruch gelungen. Adjani, geboren 1955, machte sich anfangs einen Namen als Theaterschauspielerin und wurde 1972 in das Nationaltheater Comédie-Française aufgenommen. Im Kino sorgte sie mit vielschichtigen Rollen für Aufsehen, etwa in François Truffauts "Die Geschichte der Adèle H.", Roman Polanskis "Der Mieter", Werner Herzogs "Nosferatu" oder Andrzej Żuławskis "Possession". Jean Becker nutzte ihre schillernde Präsenz in "Ein mörderischer Sommer" und schuf damit die Hauptfigur der Eliane, die zwischen vermeintlicher Naivität und kompromissloser Berechnung changieren kann. So doppelbödig und überraschend ist letztlich auch der Film, der als frivol-erotische Sommergeschichte beginnt, aber in einer abgründigen, bewegenden Tragödie endet.
(3sat)
Isabelle Adjani, die auch in Wirklichkeit eine deutsche Mutter hat, ist mit ihrem faszinierenden Auftritt als Femme fatale an der Seite des Chansonniers Alain Souchon in einem ihrer größten Publikumserfolge zu sehen. Drei Jahre zuvor hatte sie die Rolle wegen zahlreicher Nacktszenen noch abgelehnt. Adjanis Darstellung der willensstarken und zugleich labilen Eliane knüpft an frühere von ihr gespielte Figuren an, die sich nah an Wahnzuständen bewegten: Schon ihren Durchbruch verdankt sie ihrer Verkörperung der psychisch instabilen Adèle Hugo, der Tochter des großen Romanciers, in "Die Geschichte der Adèle H." von François Truffaut aus dem Jahre 1975. Regisseur Jean Becker, der Sohn des französischen Regisseurs Jacques Becker, wechselt in seiner Inszenierung stilsicher von der ironischen Provinzkomödie über den knisternden Erotikthriller bis zum beklemmenden Psychodrama. Sébastien Japrisot zählt zu Frankreichs beliebtesten Krimiautoren und schrieb das Drehbuch nach seinem gleichnamigen Roman. Für ihre Leistung in "Ein mörderischer Sommer", einem der erfolgreichsten Filme der 80er Jahre, wurden Isabelle Adjani mit einem César und Jean Becker mit einer Nominierung für die Goldene Palme belohnt.
(3sat)
Cast & Crew
- Regie: Jean Becker
- Drehbuch: Sébastien Japrisot
- Produktion: Société Nouvelle de Cinématographie, C.A.P.A.C., TF1 Films Production, Christine Beyout, Gérard Beytout, Paul Claudon
- Produktionsauftrag: ARTE
- Musik: Georges Delerue
- Kamera: Etienne Becker
- Schnitt: Jacques Witta
- Maske: Laurence Azouvy, Judith Gayo, Muriel Paupere
- Kostüme: Thérèse Ripaud