29.06.2006
Deutsche TV-Premiere: 04.06.2008 (Das Erste)
Teheran, im Sommer 2005: Mit einem Sieg gegen Bahrain kann sich die iranische Fußball-Nationalmannschaft für die WM in Deutschland qualifizieren. In einem der vielen Fanbusse, die unterwegs zum Stadion sind, sitzt zwischen lautstarken Schlachtenbummlern eine junge Frau (Sima Mobarak-Shahi), die sich mit Baseballmütze und weiten Hosen als Junge verkleidet hat. Sie ist begeisterter Fußballfan und will unbedingt ins Stadion. Doch im Iran ist Frauen der Zutritt zu Fußballarenen verboten - angeblich weil die Männer hier für Frauenohren ungeeignete Flüche loslassen. Der illegale Ticketverkäufer nutzt die Situation aus und knöpft ihr das Doppelte für eine Eintrittskarte ab. Doch bevor das Spiel angepfiffen wird, nimmt man die junge Frau an einem Kontrollpunkt fest. Hinter einer Absperrung direkt an der Tribünenmauer, wo sie vorübergehend gefangen genommen wird, trifft sie auf andere Mädchen, die ebenfalls versucht hatten, ins Stadion zu gelangen; unter ihnen eine junge Frau in Soldatenuniform (Mahnaz Zabihi), die es damit sogar bis auf die Ehrentribüne schaffte. Das Spiel beginnt, das Stadion verwandelt sich in einen Hexenkessel. Die Frauen streiten derweil mit den jungen Soldaten aus der Provinz, die ihren Militärdienst ableisten müssen und restlos damit überfordert sind, die wortgewandten Teheranerinnen im Zaum zu halten. Eines der Mädchen will wissen, warum im vorherigen Spiel gegen Japan die japanischen Frauen ins Stadion durften und die iranischen nicht. So genau kann der Soldat ihr das nicht erklären und ist heilfroh, als seine Gefangenen in einen Bus verfrachtet und zur Sittenpolizei gekarrt werden. Doch nach dem Sieg der iranischen Fußballer herrscht in den Straßen Teherans euphorische Feierstimmung, die irgendwann auf die Soldaten überspringt. Vor dem realen Hintergrund des WM-Qualifikationsspiels Iran-Bahrain (das Iran 1:0 gewann) drehte Jafar Panahi eine kluge Komödie, die auf der Berlinale einen Silbernen Bären gewann und wie halbdokumentarisches Stegreif-Theater daherkommt. Im Unterschied zu seinem bedrückenden Drama "Der Kreis", das Frauen als Gefangene im eigenen Land zeigte, präsentiert sich "Offside - Frauen im Abseits" als gespielter Witz über die islamistische Geschlechter-Apartheid, in dem sich die Unterdrückten so munter wie Flöhe im Sack gebärden. Mit wachem Blick für Details beobachtet Panahi die Schnittpunkte zwischen offiziellen Verboten und alltäglicher Umgehung, schmuggelt satirische Halbsätze über die Lizenz zum Fluchen im Fußballstadion ein und entlarvt mit leisem Humor das Schildbürgertum eines Staates, der die Hälfte seiner Bevölkerung in die Abseitsfalle zwingt. So hat die kreative Trickserei der Frauen von Anfang an eine burleske Note: Als eines der Mädchen mangels Damentoiletten aufs Herren-WC muss und der Bewacher ihr zum sittlichen Schutz eine Maske aus dem Plakat des iranischen Fußballstars und ehemaligen FC-Bayern-Mittelfeldspielers Ali Karimi bastelt, ist der Gipfel absurder Komik erreicht. Als entlarvendes Spiel ohne Ball bietet Panahis Film ein seltenes und nachdrückliches Erlebnis.
(ARD)
Cast & Crew
- Regie: Jafar Panahi
- Drehbuch: Jafar Panahi, Shadmehr Rastin
- Musik: Yuval Barazani, Korosh Bozorgpour
- Kamera: Mahmoud Kalari
- Schnitt: Jafar Panahi
- Regieassistenz: Leon Watkins
- Ton: Steven Ghouti