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TV-Kritik/Review: "Deadly Class": Dröge Unterrichtsstunde in Klischees
(27.02.2019)
Im Serienuniversum sind bereits die ungewöhnlichsten Ausbildungsstätten Realität geworden.
Jüngster Neuzugang der Schule für angehende Killer ist der Straßenjunge Marcus (Benjamin Wadsworth), dessen Eltern ermordet wurden, als er neun Jahre alt war. Dafür macht er auch als Teenager noch immer Präsident Reagan verantwortlich, der mit seiner Sparpolitik einst indirekt dafür sorgte, dass eine gefährliche Geisteskranke wieder auf freien Fuß gesetzt wurde. Nachdem er von dem eigenwilligen Meister Lin (Benedict Wong) für Kings Dominion rekrutiert wurde, steht für Marcus auch schnell fest: Eines Tages wird er Ronald Reagan töten.
Dies sorgt bei seinen neuen Mitschülern bestenfalls für ein müdes Lächeln, allesamt perfekt perfekt gestylte Archetypen der 80er Jahre-Gegenkultur: Saya (Lana Condor), die in Japan aus einem der mächtigsten Yakuza-Clans ausgestoßen wurde; die von Schönheit und Zorn gezeichnete Maria (María Gabriela de Faría); Willie (Luke Tennie), der lieber Comics lesen würde anstatt die Kunst des Tötens zu lernen; Skater-Punk Billy (Liam James), der Sohn eines korrupten Polizisten, und der furchteinflößende Chico (Michel Duval), Sohn des Anführers eines Drogenkartells.
Bereits die erste Ansprache von Meister Lin zeigt, dass man sich in
Doch nicht nur geschichtlichen Erkenntnisgewinn sucht man bei "Deadly Class" vergebens. Die Macher bauen stilistisch und in ihrer oberflächlichen Figurenzeichnung eine Distanz zu ihren Protagonisten auf, die sich von der anderen Seite des Bildschirms aus nur schwer überbrücken lässt. Aber vielleicht ist das auch gar nicht gewollt, wenn man als Zuschauer von Marcus in emotionsloser Erzählerstimme ständig mit pseudo-philosophischen Erkenntnissen abgespeist wird.
"Menschen müssen leiden, so wissen wir, dass wir am Leben sind"... "Glück ist nur die Abwesenheit von Schmerz" ... "Nichts davon bedeutet etwas. Scheiße passiert einfach"... Recht schnell fragt man sich, ob man ausgerechnet einer Figur, die hauptsächlich aus selbstgerechtem Mitleid zu bestehen scheint, bei der Ausbildung zu einem Mordinstrument zuschauen will. Aber was bleibt einem schon übrig, wenn alle anderen Charaktere kaum mit eigenen Persönlichkeiten existent sind und lediglich durch die durchwegs guten Darsteller überhaupt einen Lebenshauch eingeflößt bekommen.
Dabei erweisen ihnen die Macher um Autor Rick Remender, der auch die Comic-Vorlage verfasste, mitunter einen Bärendienst. Wie bei Maria, die in ihren Einsätzen zwar mit einem perfekten Kostüm scheinbar ständig den "Tag der Toten" zelebriert, aber auch als angehende Killerin offenbar nicht im Stande ist, ihren brutalen, sie misshandelnden Freund Chico selbst zu erledigen. Stattdessen kann man doch einfach versuchen, den Neuen zu verführen, der macht das schon. Delegieren ist alles. Delegieren und verdrängen.
So hat auch Marcus die automatisierten Begründungen für seine neue Schülerkarriere stets griffbereit: Er hat schließlich nur jemanden umgebracht, der es verdiente, der ihn auf der Straße schlecht behandelte. Als Dank wird er in der zweiten Folge vom Geist seines Opfers verfolgt - jedoch nicht von Angstschreien, dem Geräusch eines brechenden Schädels oder einem blutüberströmten Gesicht. Mit solchen Bildern wird auch der Zuschauer nicht belastet, schließlich darf Marcus nur einmal zuschlagen und der Bildschirm wird schwarz.
James Bond würde über so eine pflegeleichte Ausbildung nur schmunzeln. Unweigerlich musste ich an die ersten Minuten von
Aber warum sollte man diese Fragen beantworten, wenn man sich auch in schon tausend Mal gesehenen Highschool-Kischees verlieren kann? Der ersten Party, in der das Haus der Eltern demoliert wird; den üblichen Cliquen, denen man zwar mit Namen wie "Soto Vatos" und "Kuroki Syndicate" einen exotischen Hauch verleiht, die sich aber bequem in die altbekannten Schablonen der Sportler, Nerds und Bitches aufteilen lassen; und mit Lehrern, die zwar weder Autorität noch tödlichen Schrecken ausstrahlen, aber wenigstens den Hogwarts-Knuddelfaktor mitbringen.
Auch die Action-Sequenzen, in denen die Schüler ihre ersten Aufgaben zu bestehen haben, stehen nicht auf eigenen Beinen und wecken bestenfalls Erinnerungen an
Die zweite Episode gibt die inhaltliche Vorwärtsbewegung des Piloten dann zu Gunsten der bereits genannten, gefühlt endlosen und mit praktisch keinerlei Erkenntnisgewinn ausgestatteten Highschool-Party auf. Doch bereits zuvor, als Marcus gemeinsam mit Willie die Leiche seines ersten Mordopfers verbrennt, erscheint die Frage, warum Marcus ausgerechnet das doch sicher verdammt teure Zippo-Feuerzeug mit in die Flammen wirft, plötzlich viel interessanter als das Schicksal dieser Protagonisten.
Kurz davor streiten sich die beiden im Auto über die besten Comics ihrer Zeit. Marcus, der endlich mal einen Hauch von Leidenschaft zeigen darf, ist sicher, dass Willies Favorit nichts weiter ist als eine "Männerfantasie" und "Mainstream Melodrama Bullshit" - ein Augenblick, der sicher nicht als Meta-Moment geplant war, in dem sich "Deadly Class" aber dennoch erschreckend perfekt selbst beschreibt.
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten beiden Episoden der Serie "Deadly Class".
Ralf Döbele
© Alle Bilder: SYFY
Der deutsche Pay-TV-Sender Syfy zeigt ab Mittwoch, dem 27. Februar 2019 die erste Staffel von "Deadly Class" als Deutschlandpremiere. Zum Auftakt läuft eine Doppelfolge, in den späteren Wochen wird vor einer neuen Episode ab 21.00 Uhr immer um 20.15 Uhr die Folge der Vorwoche wiederholt.
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