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TV-Kritik/Review: "How to Sell Drugs Online (Fast)": Breaking Bad zwischen Mathe und Bio in rasanter Teenagerkomödie
(30.05.2019)
Der Fall sorgte 2015 für Schlagzeilen: Zwei Jahre lang hatte ein Leipziger Schüler aus seinem Jugendzimmer heraus einen Online-Drogenhandel im Darknet betrieben. Insgesamt eine ganze Tonne illegaler Substanzen hatte er unter dem Decknamen "Shiny Flakes" im Internet verkauft und dann per Post verschickt, im Wert von vier Millionen Euro. Erst durch einen dummen Fehler flog Maximilian S. schließlich auf.
Nicht wenige mussten damals an die Lehrer-wird-Druglord-Serie
Dass der spirrelige Computerfreak Moritz allerdings längere Zeit mit der begehrten Blondine Lisa zusammengewesen sein soll, verlangt dem Publikum eine Menge suspension of disbelief ab (ebenso wie der Umstand, dass die Kids im fiktiven Provinzstädtchen Rinseln noch via Facebook kommunizieren), und auch die in deutschen Produktionen gängige Praxis, Twentysomethings in Teenagerrollen zu besetzen, irritiert mal wieder. Ist beides aber erst einmal akzeptiert, kann man sich auf die Vorzüge konzentrieren: Maximilian Mundt legt den 17-jährigen Antihelden angemessen verhuscht als ideale Fremdschamvorlage an - vieles erinnert an Thomas Middleditchs Richard aus
Als Moritz abserviert wird, führt ihn eifersüchtiges Konkurrenzdenken auf illegale Wege: Lisa lässt sich nämlich vom blonden Aufschneider Dan (mal als Antagonist: Damian Hardung aus
Wohin sich der Plot entwickelt, ist bald klar, doch viel interessanter ist das Wie - und da gibt es Erfreuliches zu vermelden. Zunächst mal geht die Rechnung bestens auf, neben dem "Star" Bjarne Mädel vor allem auf unverbrauchte Darsteller zu setzen. Mundts Moritz etwa wird ein passender Sidekick an die Seite gestellt: Lenny (Danilo Kamperidis) sitzt im Rollstuhl, hat "nur noch drei Jahre zu leben" (was ihm aber auch schon vor sechs Jahren prophezeit wurde), und ist Moritz' einziger Freund. Gemeinsam hatten sie schon lange einen Online-Shop geplant, ein "eBay für Online-Gamer", doch nachdem dieses Vorhaben beim "Innovationswettbewerb" ihrer Schule krachend scheiterte, funktioniert Moritz den Shop zum Drogenladen um - was zu pointierten Auseinandersetzungen mit dem Kumpel führt. Doch "alle Genies waren mal Arschlöcher", und "Angestellte sind Losertypen, die versuchen, ihre Träume in ihrer Freizeit zu verwirklichen", was für beide nicht infrage kommt. Also lautet die Ansage: "Wir seeden den Link in ein paar Darknet-Foren und machen richtig Kohle." Spätestens als ihnen bestellter Pillennachschub vom anonymen Zulieferer aus einem Flugzeug direkt vor die Füße geworfen wird, hängen beide gemeinsam drin in der Chose: von der Schulbank zum Crimelord, breaking bad noch vor den Bio-Hausaufgaben.
Neben Mundt, Kamperidis und Klenke überzeugen auch Leonie Wesselow und Luna Schaller als Lisas Freundinnen Fritzi und Gerda sowie - Extralob! - die kleine Amely Trinks, die als Moritz' Schwesterchen Marie eine herrlich ätzende Nörgel-Trine abgibt. Erfrischend unbekümmert und moralinfrei werden dabei immer wieder Schlaglichter auf die Lebenswelt der Generation Z geworfen - etwa wenn den Mädels beim Chat mit fremden Jungs ungefragt "Dick Pics" zugeschickt werden. Den Jungdarstellern stehen in den Nebenrollen prominente Erwachsene gegenüber:
Am meisten überzeugen allerdings jene Szenen, in denen Bjarne Mädels Buba, schmerbäuchig und im löchrigen Unterhemd, auf die Nachwuchsdealer trifft. Wie sich da das Kräfteverhältnis zwischen vermeintlicher Dämlichkeit und gegenseitigem Über-den-Tisch-Ziehen sekündlich verschiebt, ist ebenso präzise inszeniert wie pointiert gespielt. Urkomisch zum Beispiel, wie Buba, mit der Knarre in der Hand, den "Computerspastis" (Zitat) angesichts der von ihnen getrunkenen Zuckerplörre en passant väterliche Gesundheitstipps mit auf den Weg gibt: "Zucker ist Gift!"
Neben solchen schauspielerischen Kabinettstückchen erfreuen viele inszenatorische Ideen. Drogenräusche werden als psychedelische Farbexplosionen unter Wasser visualisiert oder als atemberaubende Schnittgewitter im Zeitraffer, ein aus dem Ruder laufender Trip Lennys erinnert gar an
Inmitten dieser wunderbar absurden Gimmicks geht fast unter, das die Serie andernorts durchaus auch mal weniger originelle Wege geht. Manche Figuren etwa kommen kaum übers Klischee hinaus: Lisas Eltern etwa (Isabel Schosnig und Moritz Führmann), die einen Ehestreit wie aus einem schlechten Fernsehspiel aufführen, oder Moritz' naiver Vater (Roland Riebeling,
Dieser Text beruht auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "How to Sell Drugs Online (Fast)".
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: Netflix
Beim Streamingdienst Netflix wird die Serie "How to Sell Drugs Online (Fast)" am Freitag, den 31. Mai 2019 veröffentlicht.
Trailer zu "How to Sell Drugs Online (Fast)"
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